Gastautorin: Ernährungsberaterin Katrin Weiss von Napfgespräch
(Mail: katrin@napfgespraech.de; Tel.: 0176 42721213)
Fast immer werden die Halter von Hunden mit chronischen Magen-Darm-Problemen vom behandelnden Tierarzt, aber auch von Tierheilpraktikern und manchen Ernährungsberatern, mit der Möglichkeit eines Allergietests über Blut, Speichel oder Haare konfrontiert.
Oftmals wird gar keine genaue Erklärung zu diesen Tests gegeben oder gar die falsche Auskunft, dass sich Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -allergien mit diesen Tests eindeutig identifizieren lassen. Dies ist aber schlicht und ergreifend falsch.
Ein paar Hintergründe zum Testverfahrung über das Blut:
Bei einem solchen „Allergietest“ wird auf im Blut vorhandene IgG- und IgE-Antikörper getestet.
Diese Immunglobuline sind Proteine, die vom Organismus immer dann gebildet werden, wenn er Kontakt zu körperfremden Stoffen, so genannten Antigenen, hat. Dies ist ein ganz normaler Vorgang und hat keinerlei Aussagekraft im Hinblick auf Allergien. Es zeigt nur auf, dass das Immunsystem bereits Kontakt zu eben diesem Stoff hatte.
Je häufiger der Kontakt, desto mehr Antikörper. Ebenfalls ein komplett normaler Vorgang.
Nun ist es allerdings so, dass bei den Bluttests nicht nur auf das Vorhandensein der Antikörper getestet wird, sondern das Labor auch die Menge pro Immunglobulin misst. Je nach Anzahl wird nun die so genannte Reaktionsklasse festgelegt. Hierbei sind bei Reaktionsklasse 0 keine Antikörper zu finden, bei Reaktionsklasse 1 wenige usw. Da wir wissen, dass die Bildung der Antikörper ein ganz normaler Vorgang ist, der bei jedem Kontakt mit dem Antigen passiert, wird klar, dass auch diese Anzahl keine Aussagekraft im Hinblick auf eine Allergie hat, sondern nur anzeigt, wie oft ein bestimmtes Lebensmittel gefüttert wurde.
Zum besseren Verständnis mal als Beispiel mein eigener Hund, der keinerlei Allergien hat:
Würde ich so einen Bluttest machen lassen, käme eine hohe Reaktionsklasse bei Rind, Pute, Lamm, Ente, Kartoffeln und Hirse raus (weil ich diese Nahrungsmittel mehrmals pro Woche füttere bzw. in der Vergangenheit oft gefüttert habe), eine mittlere bei Lachs und Ei (wird ein Mal pro Woche gefüttert) und Reaktionsklasse 0 bei Pferd, Ziege, Kuhmilch, Exoten und vielen anderen Dingen, die er noch nie bekommen hat.
Wie gesagt, mein Hund hat keine Allergien, der Bluttest würde ihm aber – so das allgemeine Verständnis – über die Reaktionsklassen welche bescheinigen.
Der Bluttest macht demnach nur Sinn, um die Nahrungsmittel zu finden, die das Immunsystem noch nicht kennt. Dies sind die Nahrungsmittel mit der Reaktionsklasse 0.
Falls es davon keine gibt, sprich der Hund schon praktisch alle verfügbaren Nahrungsmittel bekommen haben, greift man auf die Nahrungsmittel mit der niedrigsten Reaktionsklasse zurück. Damit startet man dann eine Ausschlussdiät, die einzige sichere Möglichkeit, Nahrungsmittelallergene zu identifizieren. Diese sollte man allerdings bestenfalls mit einer Ernährungsberaterin in Angriff nehmen, damit es nicht zu einer Mangelernährung kommt.
Diesen Sachverhalt kannst du z.B. beim Labor Laboklin nachlesen. Sie bieten diese Tests an, weisen aber auf der Webseite deutlich auf die Problematik hin.
https://laboklin.com/de/faqs/allergie/futtermittelallergie/
Nun noch ein Wort zu den Tests über Speichel oder Haare:
Bei den Speicheltests gibt es zwei Testverfahren. Bei dem einen werden ebenfalls, wie beim Bluttest, Immunglobuline gemessen. Dies heißt, die oben beschriebene Problematik trifft hier grundsätzlich genauso zu. Auch wissenschaftliche Studien haben bisher keinerlei verlässliche, reproduzierbare Ergebnisse gezeigt, die über die unsicheren Befunde der Bluttests hinausgehen.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30819419/
Bei der zweiten Testmethode – und dies ist auch die, die für den Test über Haare angewandt wird – sollen via Bioresonanz so genannte Frequenzen gemessen werden.
Nun kann man von der Bioresonanz halten was man will, ich möchte hier nur auf die wissenschaftliche Seite eingehen:
Wenn man das Verfahren nach physikalischen Gesichtspunkten betrachtet, dann geht es den Verfechtern um eine gestörte Zellkommunikation im quantenmechanischen Bereich. Es sollen Schwankungen von nirgendwo belegten elektromagnetischen Feldern festgestellt werden.
Damit die Geräte aber technisch leicht bedienbar sind, arbeiten sie im Niederfrequenzbereich, mit dem man aber solche Schwankungen überhaupt nicht messen kann, selbst wenn sie vorhanden sein sollten. Es gibt verschiedene Testreihen, die belegt haben, dass man – wenn überhaupt – eher elektromagnetische Schwingungen irgendwelcher Geräte in der Umgebung erhält, als tatsächlich organische.
Selbst wenn man nun noch glaubt, dass es möglich ist, körpereigene "schlechte" Schwingungen einzufangen, würden sich solche Schwingungen nicht auf einer bestimmten Frequenz bewegen, sondern in einem gewissen Frequenzbereich. Man kann also nie eine einzelne Schwingung messen, sondern immer nur alle, die sich in diesem Frequenzbereich befinden. Für diese Problematik bietet auch die pseudowissenschaftliche Rechtfertigung der Befürworter keine Erklärung.
Auch hat sich in mehreren Studien gezeigt, dass die bei der Bioresonanz gelieferten Ergebnisse nicht reproduzierbar sind. Die "Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie" findet recht eindeutige Worte und betitelt die Bioresonanz in Bezug auf Allergien als "diagnostischen und therapeutischen Unsinn". ("Fachkommission der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie" (SGAI)", Schweizerische Ärztezeitung, 2006;87: 2)
Nicht zuletzt wurde das Verfahren der Bioresonanz von Scientologen erfunden, die Idee in ihren Grundzügen stammt von L. Ron Hubbert. Auch das bei Scientologie verwendete E-Meter funktioniert so ziemlich nach demselben Prinzip.
Es gibt hierzu ein interessantes Video, in welchem gezeigt wird, dass ein solches Bioresonanzgerät sogar nassen Lappen, Leichen und einem Leberkäse verschiedene Dinge bescheinigt. Die in Bezug auf diese Tests oft getätigte Aussage, dass Leichen ja mal gelebt haben und auch der Leberkäse mal ein Tier war, erscheint doch etwas sehr weit hergeholt.
© Katrin Weiss 2020